Auf nach Masuren!
Masuren ist das Ziel.
Doch schon der Weg dorthin ist lohnend: die Slowinzischen
Wanderdünen, die Kaschubische Schweiz, das Lebuser Land, das
Weichseltal … Zwei „Anreisewege“ offeriert
dieser Radreiseführer: zum einen die Tour entlang der Ostsee,
zum anderen den Europa-Radweg R1. Beide Wege führen ins Land
östlich der Weichsel. Dort, wo heute die Woiwodschaft
Ermland-Masuren den südlichen Teil des früheren Ostpreußens
repräsentiert. Hier entfaltet der Radreiseführer sein
eigentliches Etappennetz. Dieses Netz besteht aus zwei Einheiten. Dem
regulären Straßennetz, das möglichst ruhige
masurische Nebenstraßen nutzt, und einer speziellen Rundtour,
die überwiegend auf Feld- und Waldwegen verläuft. Beide
Teile können miteinander kombiniert werden.
Polen ist ein
sicheres und angenehmes Land für Radtouren. Im ländlichen
Raum geht es so gesittet zu wie vor hundert Jahren, und in den
Städten wird ein unbewacht abgestelltes Fahrrad auch nicht
gleich um die Ecke getragen. Bemerkenswert ist vielmehr die
freundliche Hilfsbereitschaft, die jedem zuteil wird, der sich Land
und Leuten aufgeschlossen nähert. Wer in Polen allerdings auch
eine gut entwickelte Infrastruktur für Radtouren erwartet, wird
sich umstellen müssen. Obwohl sich vieles zum Guten bewegt hat,
sind die Straßenverhältnisse für Radler im letzten
Jahrzehnt eher schlechter geworden. Der Straßenbau hält
mit dem steigenden Verkehrsaufkommen einfach nicht Schritt.
Kompromisse sind unvermeidlich. Durch eine sorgfältige
Streckenauswahl lassen sie sich aber minimieren. Dazu dienen
Radreiseführer wie dieser.
Polen – das Wort leitet sich
von Feld her (pole). Unter einem Feld stellen wir uns ein flaches
Land vor. Da überrascht es vielleicht doch, dass das nördliche
Polen ungefähr zur Hälfte von Hügeln geprägt ist,
die durch das Gletschergeschiebe der letzten Eiszeiten entstanden
sind. Egal ob sanft oder weniger sanft (Kaschubische Schweiz,
Elbinger Höhen), die Hügel machen das nördliche Polen
erst recht reizvoll. Ohne sie wäre auch Masuren nicht Masuren.
Aber zur Beruhigung: Selbst die hügeligsten Landstriche sind
keine Gebirgsetappen. Nordpolens höchster Berg misst 328 m
(Turmberg, Kaschubische Schweiz) – und an dem fährt man
vorbei. Ziemlich flach sind zudem weite Teile Pommerns, wo unter
anderem der R1 verläuft.
Bewusst naturnah angelegt ist das
Extra-Abenteuer am Ende der Reise. Dann geht es rund um die
Großmasurischen Seen zur Sache. Da wartet manch sandiges,
holperiges Stück Wegs, und manchmal muss sogar geschoben werden.
Das ist vielleicht nicht gleich das Richtige für Anfänger,
aber für die meisten dürfte es sich lohnen. Nur auf solchen
Wegen wird einem irgendwann bewusst, wie sehr dieses Land in sich
ruht, dieses blau-grüne Land ohne Windräder, ohne
Flugzeuge, ohne Fabriken. Den Gegebenheiten gehorchend pendelt man
sich mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 10 km/h durch
die Botanik. Filigrane Wolkenskulpturen über unergründlichen
Seen und bewaldeten Hügeln blenden zu immer neuen Panoramen auf.
Nachts ist es still. Fast still, denn die Katze schleicht ums Zelt,
und der Baum wirft eine Eichel drauf. Plopp, schon wieder ein
Radeltag vorbei. Schön, wenn es nicht der letzte war!